Treffpunkt 3.2018 17 AUSGLEICH NACH MASS Individuelle Abreden sind gesetz lichen Vorgaben oft überlegen. Paare, die den Versorgungsaus- gleich nicht in die Hände des Gerichts legen, sondern lieber selbst planen und gestalten wollen, können das vor der Hochzeit, während der Ehe und sogar noch im Scheidungsverfahren tun. Eine Möglichkeit: der Ehevertrag. „Je nachdem, wie die Partner mit Blick auf die Rente stehen, lässt sich der Ausgleich ganz oder teilweise ausschließen“, sagt Rechtsanwältin Sabine Bomhard. Allerdings darf der Ausschluss keine Partei unange- messen benachteiligen. Wenn be- reits bei Vertragsschluss absehbar ist, dass einer der beiden im Alter deutlich weniger Geld zur Verfügung haben wird, ist es daher sinnvoll, eine Kompensation für den Verzicht zu vereinbaren. „Denkbar ist es zum Beispiel, dass der Bessergestellte für den schlechter Gesicherten eine private Altersvorsorge abschließt oder ihm eine Immobilie zur Absicherung überschreibt“, so die Juristin. Vergleichbare Regelungen lassen sich auch noch während des Scheidungsverfahrens treffen, aller- dings nur, wenn die Scheidungs- aspiranten an einem Strang ziehen. „Kurze Ehen führen in der Regel nicht zu einem Versorgungsausgleich“ riere verzichtet hat, soll dieselben An- sprüche erhalten wie derjenige, der sich den Rücken freihalten ließ und beruf- lich durchstarten konnte. „In kurzen Ehen sind solche Schieflagen aber eher selten, sodass man sich den Ausgleich sparen kann“, sagt Schiedermaier. Auf Paare, die es länger als 36 Monate miteinander ausgehalten haben, kommt hingegen ein aufwendiges Verfahren zu. Sobald der Scheidungsantrag einge- reicht ist, verschickt das Gericht an bei- de Partner einen Fra- gebogen, in dem sie angeben müssen, wo sie während der Ehe Ansprüche auf Inva- liditäts- und Alters- versorgung erwor- ben haben. Neben privaten Policen und der betrieblichen Altersversorgung ist bei Angestellten vor allem die gesetzli- che Rentenversicherung relevant, bei Staats dienern die Beamtenversorgung und bei Freiberuflern das jeweilige Ver- sorgungswerk. Diesen Verfahrensschritt sollten selbst bis aufs Blut zerstrittene Scheidungsaspiranten sehr ernst neh- men. „Wer im Fragebogen bewusst falsche oder unvollständige Angaben macht, kann von ihrem beziehungswei- se seiner Ex auf Schadenersatz verklagt werden. Außerdem droht ein Verfahren wegen versuchten Prozessbetrugs“, warnt Sabine Bomhard, Fachanwältin für Familienrecht in Düsseldorf. Hat das Gericht alle Dokumente bei- sammen, besorgt es sich die benötigten Auskünfte über den Wert der Rentenan- wartschaften direkt bei den jeweiligen Versorgungsträgern und berechnet den eigentlichen Ausgleichswert. Ein an- spruchsvolles Unterfangen, denn oft sind unterschiedliche Finanzprodukte zu berücksichtigen. Bei manchen rich- tet sich der Ausgleichswert vor allem nach den geleisteten Beiträgen, andere berücksichtigen auch das Alter oder die Lebenserwartung des Versicherten oder gewähren Ansprüche für Kinder- erziehungs- und Elternzeiten. Zusätz- lich ist zu prüfen, ob die Versorgungs- träger die Teilung richtig vollziehen. Weitere Erschwernis: Der Versorgungs- ausgleich ist keine Einbahnstraße, son- dern funktioniert in beide Richtungen. „Grundsätzlich muss jeder Ehegatte jeweils die Hälfte seiner in der Ehezeit erworbenen Anrechte an den anderen abgeben“, erklärt Familienrechtlerin Bomhard. Es kommt also zu einem Hin- und-her-Ausgleich zwischen den Part- nern, was die Sache zusätzlich verkom- pliziert. Bomhard: „Wer ganz sicher ge- hen will, dass die Werte versicherungs- mathematisch kor- rekt beziffert wurden, sollte die Anga- ben vom Rentenberater prüfen lassen.“ Nachträglich korrigieren ist schwierig Ist der Versorgungsausgleich erst ein- mal rechtskräftig, sind Korrekturen nur noch in Ausnahmefällen möglich. Ge- schiedene brauchen einen rechtlich relevanten Grund, um das Paket noch einmal aufzuschnüren. „Rechenfehler des Gerichts oder die Tatsache, dass ein Anrecht vergessen wurde, lässt die Rechtsprechung nicht genügen, um den Ausgleich noch mal zu ändern“, er- klärt Bomhard. Das Gesetz erlaubt ein Nachkarten zudem nur dann, wenn sich der Wert der ausgeglichenen Versor- gung nachträglich um mindestens 5 Pro- zent geändert hat, es sich also nicht nur um einen Bagatellbetrag handelt. Einen relativ großen Anpassungsbedarf haben zum Beispiel die Reform des Ver- sorgungsausgleichs 2009 und die 2014 eingeführte Mütterrente geschaffen. Letztere hat nachträglich die Altersversorgung von Frauen erhöht, deren Kinder vor 1992 geboren wurden. Damit stiegen bei jenen, die bei der Geburt verheiratet waren, auch