Treffpunkt Erben und vererben 19 die Hälfte ihres gesetzlichen Erbteils als Pflichtteil verlangen. Ihre kleine Schwester muss ihr 125 000 Euro aus- zahlen, 375 000 Euro darf sie behalten. Obwohl das gesetzliche Pflichtteilsrecht nicht immer den Willen des Erblassers abbildet, hat das Bundesverfassungs- gericht die Vorgaben bislang stets unbe- anstandet gelassen (BVerfG, Az. 1 BvR 1644/00 und 1 BvR 188/03). Wer einem nahen Angehörigen alle Rechte (und da- mit auch den Pflichtteil) entziehen will, kann das folglich nur in den (krassen) Fällen tun, die das Gesetz ausdrücklich beschreibt – etwa dann, wenn der Ent- erbte dem Erblasser nach dem Leben trachtet (§ 2333 Abs. 1 Nr. 1 BGB). Hinweis: Wer seinen Liebsten bereits zu Lebzeiten einen Teil seines Vermögens schenkt, schmälert damit den Wert des Nachlasses – und so auch die Höhe des Pflichtteils von Angehörigen, die kurz- gehalten werden sollen. Diese Strategie, den Pflichtteil zu reduzieren, will aber gut geplant sein. Denn erstens sind Schenkungen, die gewisse Freibeträge überschreiten, zu versteuern. Zweitens können Pflichtteilsberechtigte für alles, was der Erblasser in den zehn Jahren vor seinem Tod weggegeben hat, einen Ausgleich von den Erben verlangen. Und der fällt umso üppiger aus, je kür- zer die Schenkung zurückliegt. Erziehung aus dem Jenseits Mindestens ebenso verbreitet wie der Wunsch, einen Verwandten zu enter- ben, ist das Bedürfnis, die Erbschaft an Bedingungen zu koppeln. Wer das errei- chen will, kann dies in seinem Testa- ment regeln. Im obigen Fall könnte der Witwer zum Beispiel verfügen, dass sei- ne älteste Tochter nur erbt, wenn sie ihr bewegtes Singleleben aufgibt und heira- tet. Alternativ könnte er festlegen, dass die Erstgeborene ihr Erbe zwar erhalten soll, es aber nur behalten darf, wenn sie ein bestimmtes Verhalten an den Tag legt, zum Beispiel die Ausbildung der Schwester finanziert. Wichtig bei der Nachlassplanung ist es zudem, sein Testament in regelmäßi- gen Abständen zu überprüfen und bei Bedarf anzupassen. Das ist relativ pro- blemlos möglich, denn ein jüngeres Tes- tament setzt automatisch ein älteres Dokument außer Kraft. Um Verwechs- lungen oder Manipulationen auszu- schließen, empfiehlt Erbrechtsanwalt Schmalenbach, stets nur eine Verfü- gung aufzubewahren. „Wer seinen Letz- ten Willen neu formulieren will, sollte alle Regelungen noch einmal niederle- gen und das alte Dokument vernichten oder zumindest alle bisher errichteten Verfügungen eindeutig für ungültig er- klären“, betont der Jurist. Gut zu wissen: Während sich ein Einzel- testament jederzeit frei widerrufen lässt, bleiben Paare, die ein gemeinsa- mes Testament errichtet oder einen Ehevertrag geschlossen haben, grund- sätzlich an ihre Aussagen gebunden und können Änderungen nur gemein- sam erklären. „Wer seinen Letzten Willen neu formuliert, sollte das alte Testament vernichten“ Urteile: Streit über Schriftzeichen / Testamente, die nicht der gesetzlich vorgeschriebenen Form genü- gen, sind unwirksam. Wie Gerichte im Konfliktfall entschieden. Rechtshänder schreibt mit links: Kann ein Rechtshänder, weil er krank ist, nur noch mit links schreiben, ist sein so erstelltes Testament wirksam, auch wenn das Schriftbild nicht der gewohnten Handschrift entspricht. Jedoch sollte ein Zeuge bestätigen, dass wirklich der Erblasser das Dokument erstellt hat (OLG Köln, Az. 2 Wx 149/17, 2 Wx 169/17). Mensch/Maschine: Ein handschriftliches Testament, bei dem nur die Überschrift mit Maschine geschrieben ist, ist wirksam (BayObLG, Az. 1Z BR 112/04). Sind aber ganze Teile der letztwilligen Verfügung getippt, ist sie unwirksam, selbst wenn das Dokument neben den maschinell erstellten auch handschriftliche Passagen enthält (OLG Hamm, Az. 15 W 414/05). Zettelwirtschaft: Ein ernsthafter Testierwille ist nicht erkennbar, wenn der vermeintliche Letzte Wille in unvollständigen Sätzen auf einem zusammengefalteten Pergamentpapier niedergelegt ist (OLG Hamm, Az. 10 W 153/15). Nachtrag: Wer ein älteres Testament erweitern will, muss den neuen Passus stets erneut unterschreiben. Eine Ergänzung ohne erneute Unterschrift ist ungültig (OLG München, Az. 31 Wx 298/11).